Lernen, Leben, Natur und der Tod - passt das zusammen?

Die Friedhöfe der Gemeinde Ranstadt sind immer wieder ein sehr umstrittenes Thema. Auf Facebook finden sich etliche Einträge. Dem einen ist es zu viel Natur, dem anderen zu wenig. Uns ist wichtig, dass der Weg der Gemeinde verstanden wird. Auch das verstehen wir unter dem Thema: Lernen in und von der Natur.

Baumbestattungsfeld
Friedhof
Friedhof
Friedhof
Friedhof
Insektenhotel
Kräuterbeet

Natürlich darf der Friedhof kein Ort sein, an dem es "wild und unkontrolliert wuchert". Die "ordnende Hand" sollte sichtbar sein. Es darf aber auch kein Ort sein, auf dem Gift eingesetzt und der Natur zu starke Grenzen gesetzt wird. Der Friedhof ist ein Ort des Gedenkens, der Begegnung und der Würde, und damit auch der Begegnung mit Natur, dem Leben wie dem Tod.

Sicherlich hat aber jeder Mensch, jeder Angehörige und jeder Besucher andere Wahrnehmungen zu der Frage: Was ist ein würdiger Ort des Gedenkens?

Wir haben uns diesen Themen gestellt, waren auf umliegenden Friedhöfen und haben unsere Erfahrungen und neue Vorschläge - auch mit anderen Gemeinden -  ausgetauscht. Immer sind es Kompromisse, denen wir hier begegnen. Auch haben uns Fragen, Anregungen und Kritik aus der Bevölkerung erreicht:

Was soll ein Insektenhotel auf dem Friedhof?
Warum mäht der Bauhof nicht alle Flächen ordnungsgemäß ab?
Wird nur noch sporadisch abgemäht?
Warum investiert man nicht mehr in Urnenwände und was bedeutet Pflege?

Wir verstehen die Kritik und nehmen sie auch sehr ernst. Wir haben uns im Bauhof und der Bauverwaltung in den vergangenen Jahren mit neuen Ansätzen bei der Friedhofpflege beschäftigt und folgendes festgestellt: Viele Gräber werden gar nicht mehr gepflegt, die Tendenz geht eindeutig zur Urnengrabstätte, große Bereiche unserer Friedhöfe bleiben ungenutzt und werden künftig nicht mehr belegt. Dennoch bleiben sie Teil des Friedhofs. Daher ändert sich das Bild unserer Friedhöfe unwillkürlich.

Wie begegnen wir dem?

Wir haben ein Kooperationsvertrag mit der Behindertenhilfe Wetterau, die 2 x pro Saison die Hecken auf den Friedhöfen schneiden. Die Grünflächen - soweit sie fernab von den zu pflegenden Gräbern liegen -  werden wechselweise vom Bauhof gemäht. Empfohlene Blühmischungen werden dort ausgebracht. Dies ist von der Vegetation abhängig. Es wird aber darauf geachtet, dass bspw. Disteln ausgestochen werden; wenn Disteln übersehen werden, sind wir für freundliche Hinweise sehr dankbar. Die Eingangsbereiche oder Bereiche, die sich nahe den Gräbern befinden, werden - wie immer - abgemäht. Wir mähen hier ausdrücklich „nicht nur mal sporadisch“, sondern gezielt. (Das gilt übrigens auch für Spielplätze!)

Trotzdem spielt die natürliche Vegetation eine große Rolle bei der Bewirtschaftung von Grünflächen. In diesem Jahr war das Frühjahr glücklicherweise sehr nass, was zu einem guten Wachstum geführt hat. In jedem Frühling gibt es daher unterschiedlichen Bedarf. Der Bauhof hat zwar einen Plan, wonach die Fläche in regelmäßigen Abständen gemäht werden, aber nicht immer kann der Bauhof, dem Wachstum die Stirn bieten. Selbstverständlich werden zusätzliche Mäheinheiten durchgeführt, wenn Bestattungen stattfinden.

Hinzu kommen Brut- und Setzzeiten, die eine große Bedeutung - auch auf unseren Friedhöfen - haben. Wir haben in Hecken eine unglaubliche Anzahl von Brutnestern, worauf wir sehr stolz sind. Hier halten wir uns gerne an die gesetzlichen Vorgaben. Für die Pflege der Gräber und um die Gräber herum sind die Grabstellenbesitzer zuständig. Als Gemeinde schreiben wir diejenigen an, die zu viel und zu hohe Wildkräuter wachsen lassen oder die umliegenden Grabeinfassungen nicht ordnungsgemäß kürzen. Manchmal lassen wir Stauden, Rosen oder andere Pflanzen stehen, wenn ein Grab geräumt wird und nehmen auch hier gerne Pflanzen als Spende für den Friedhof entgegen. So entsteht immer "etwas, das bleibt"! GIFT kommt seit Jahren nicht zum Einsatz!

Auf diese Weise geben wir kleinen Lebewesen auf dem Friedhof eine Chance zum Weiterleben! Eine Botschaft, die sicherlich auch etwas sehr Gutes hat. Daher hat Jan Herzberger, der seine Ausbildung bei der Gemeinde vor Kurzem abgeschlossen hat, ein Insektenhotel gebaut und diese Idee mit entwickelt. Es steht natürlich am Rande eines Bereichs, der nicht mehr wiederbelegt werden wird.
Wir wollen allerdings auch mehr Staudenbereiche auf den Friedhöfen entwickeln, ebenso mehr Bäume, die künftig Schatten spenden. Dass diese dann auch im Herbst Blätter fallen lassen, wird häufig nicht akzeptiert. Auf dem Weg zu mehr Natürlichkeit und einer „Naturparkähnlichen Gestaltung“ von Gedenkstätten, kann es nicht allen recht gemacht werden.

Die Baumbestattungsplätze werden in allen Ortsteilen inzwischen gut angenommen. Hier besteht zuweilen das Problem, dass diese immer wieder für Grabschmuck genutzt werden. Dies ist zwar in den ersten Wochen erlaubt und verständlich, aber dafür dienen nun eigens eingerichtete Gedenkecken mit Gedenkstein in der Nähe, die es erlauben, gesammelt Grabschmuck abzulegen. Sinn soll eigentlich sein, dass diese Bereiche naturbelassen wirken und vom Bauhof regelmäßig gemäht werden können. Das ist schwierig, wenn immer der Grabschmuck entfernt werden muss.
Alternativ wird darüber nachgedacht, ob man auf den Friedhöfen, auf denen mehrere Ebenen bestehen, auch diese Mauern und Mauervorsprünge nutzt, um vereinzelt auch Urnenwände einzurichten, natürlich "natürlich".

Wir wollen darauf hinweisen, dass wir sehr „sanfte“ Übergänge schaffen wollen. Das alles braucht Zeit! Wir benötigen vor allem Ihr geschätztes Wohlwollen, viele "ordnende" Hände, die uns dabei helfen, Stück für Stück unsere Natur - Pflanzen wie auch Insekten - in der ganzen Pracht,  wie sie die Erde hervorbringt zu schützen und zu fördern. Dabei wollen wir niemanden in seiner Trauer zu nahetreten.

Wir wollen auf keinen Fall, dass Menschen Angst haben, dass Friedhöfe verwuchern würden. Wir würden uns aber sehr freuen, wenn Sie Kompromisse eingehen könnten, um uns zu schönen und natürlichen Friedhöfen zu verhelfen.

Und natürlich nehmen wir konstruktive Vorschläge sehr gerne entgegen.

Ihre Friedhofsverwaltung