Interview mit Ehrenbürgermeister Walter Suppes

Anlässlich des 50. Geburtstags der Großgemeinde Ranstadt konnte unsere Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel in einem Telefoninterview unseren Altbürgermeister Walter Suppes zu seinen Erinnerungen an die Zusammenlegung der Großgemeinde Ranstadt befragen. Herr Suppes war 29 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Ranstadt. Wir sind dankbar, dass dieses Interview so wunderbar geklappt hat und Herr Suppes voller Engagement und Interesse bei der Beantwortung der Fragen mitgewirkt hat. Ein herzlicher Dank gilt auch seiner Tochter, Anneliese Suppes, die gemeinsam mit der Sekretärin der Bürgermeisterin, Frau Becker, zum Gelingen beigetragen hat.

Guten Tag, Herr Suppes! Wie geht es Ihnen?
An und für sich ganz gut! Der Arzt ist zufrieden und ich fühle mich wohl.

Herr Suppes, Sie waren über 29 Jahre lang Bürgermeister. An welches Ereignis erinnern Sie sich besonders?
Ohne Zweifel – die Gemeindereform. Das hatte eine Vorbereitung von zwei Jahren.
Es war nicht leicht damals; besonders in Bobenhausen war es sehr knapp mit der Entscheidung, der Gemeinde Ranstadt beizutreten. Es wurde als Alternative noch der Beitritt zu Ortenberg diskutiert. Hier erfolgte auch eine Abstimmung, die zu Gunsten von Ranstadt ausfiel.
Ebenso fand eine Befragung der Bevölkerung von Dauernheim statt, denn Dauernheim schwankte zwischen Ranstadt und Nidda. Ich kann mich noch gut an diese Bürgerversammlung in Dauernheim erinnern. Herr Wilhelm Eckardt aus Nidda war anwesend. Er machte damals allen recht schnell klar, dass Nidda eigentlich schon genug Ortsteile hat. Damit war die Debatte dann auch beendet.
Zu Ranstadt sollte ggf. noch Blofeld dazu kommen. Dies kam dann aber nicht zum Tragen.

Mir ist klar, dass es viele Dinge gibt, die man für sich behält – meist merkwürdige Geschichten… Wenn wir fragen, ob Sie sich an etwas erinnern können, was besonders kurios oder lustig
war – können Sie uns etwas dazu erzählen?

Zu dieser Frage habe ich mir lange Gedanken gemacht. Es gab nichts wirklich Besonderes oder Kurioses, was man öffentlich erzählen könnte. Natürlich: Es gab sehr viele schöne Momente, aber auch problematische und unangenehme Dinge – auch Einzelgespräche oder Konflikte. Dafür ist man Bürgermeister. Besonders vor den Wahlen ist die Aufregung immer groß. Das kennen Sie ja auch.
Im Zusammenhang mit der Zusammenlegung gab es zwar immer mal wieder unterschiedliche Auffassungen, aber im Großen und Ganzen war man sich über die Notwendigkeit einig und das ist gut gelungen.

In über 29 Jahren sieht man Menschen kommen und gehen. Unabhängig davon, welches persönliche Verhältnis Sie hatten, gab es Menschen, deren Namen wichtig sind für Ranstadt?
Ganz klar: Karl Klein und dessen Firma Hassia. Die Ansiedlung von Hassia hat sich positiv auf unsere Gemeinde ausgewirkt. Das wirkt sich bis heute aus.
Und ja, ich hatte ich zu allen Kollegen in der Verwaltung immer ein gutes Verhältnis.

Zum Zusammenschluss der Gemeinde Ranstadt vor 50 Jahren gibt es zahlreiche Unterlagen. Können Sie sich daran erinnern? Was ist Ihnen in besonders guter Erinnerung?
Ich kann mich deshalb gut erinnern, weil es zweifellos das herausragende Projekt war, was wir in meiner Amtszeit umgesetzt haben. Beim Zusammenschluss und dem entscheidenden Beschluss selbst, haben alle sehr gut mitgewirkt und gab es dann auch keinerlei Parteiengezänk.

Wo befand sich die 1971 die Verwaltung - können Sie uns ein bisschen über die Verwaltungsarbeit seiner Zeit berichten?
Ja, wir sind ja einige Male umgezogen. Es war ja früher üblich, dass die Bürgermeister in ihren eigenen Häusern ihre Amtsstube - hier manchmal im Wohnzimmer - unterhielten (was heute der Verwaltung entspricht). Das Rathaus, soweit ein eigenes Rathaus vorhanden war, wurde meist nur zu Ratssitzungen oder zu offiziellen Anlässen benutzt. Wir zogen also aus dem Haus vom vorherigen
Bürgermeister Otto Engel in mein Haus in der Sackgasse (Suppes-Elternhaus), bevor wir dann kurzzeitig noch unsere Amtsräume in der Pfortgartenstraße bezogen. Hier blieb zunächst dann die Gemeindekasse. Das Gebäude steht noch heute der Gemeinde Ranstadt als Mietwohnung zur Verfügung.
Das heutige Rathaus war bis Ende der 60ziger Jahre die Schule von Ranstadt. Diese zog später auf das Gelände der heutigen Grundschule, der Laisbachschule. Somit war Platz für den heutigen Sitz der Verwaltung. Es wurden aber nur das Erdgeschoss sowie das 1. Stockwerk für Verwaltungszwecke umgebaut. Die heutige Bauverwaltung diente weiter einer Wohnung.
Die Verwaltung bestand aus einer Schreibkraft und den ursprünglichen Bürgermeistern der vier anderen Ortsteile. Jeder hatte eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Und so wurde eine neue Verwaltungsstruktur erstmals aufgebaut. Eine Herkules-Aufgabe, die aber die Grundlage für eine solide Verwaltung gelegt hat. So wie heute musste man sich den Herausforderungen der Zeit stellen. Computer gab es damals noch nicht. Man schrieb mit Hand oder später Schreibmaschine und rechnete mit Rechenmaschine.

Heute sind Sie 93 Jahre alt. Haben Sie jemals gezweifelt, dass es richtig war über 29 Jahre lang unserer Gemeinde zu dienen?
Daran habe ich nie gezweifelt und meine Aufgabe habe ich sehr gerne gemacht.

Wie sieht für Sie das „Soziale Miteinander“ in der Gemeinde aus? Was braucht die heutige Gemeinschaft vielleicht – und gab es das zu Ihrer Zeit?
Im jeden Ortsteil lief es vorbildlich und das ist ja auch heute weitgehend gut.

Sie leben mit Ihrer Tochter in Ranstadt und sind nach wie vor am Geschehen in der Gemeinde interessiert. Finden Sie, dass die Gemeinde in Sachen Großgemeinde weiterentwickelt hat und zusammengewachsen ist?
Ich denke schon, dass nicht mehr in den Ortsteilen so für "sich" gedacht wird. Es hat sich gut entwickelt. Besonders auch das Vereinsleben. In jedem Ort konnten Gemeinschaftseinrichtungen gebaut und erhalten werden; jeder behielt seine Identität. Dennoch ist es mehr und mehr eine Gemeinde geworden.

Jede Generation wird ihren Beitrag dazu leisten müssen - ein kleiner Streitpunkt war immer mal wieder das Wappentier der Gemeinde Ranstadt - der stolz schreitende Hirsch. Inzwischen ist er für unsere Gemeinde ein Wiedererkennungssymbol geworden - nicht nur im Wappen „unterwegs“. Was würden Sie sagen: Braucht Gemeinschaft diese Symbolik?
Das finde ich sehr gut! Anfangs war das etwas problematisch: Der Stolberger Hirsch für 5 Ortsteile in Hessen. Aber heute ist es ein schönes Bild und steht für unsere Großgemeinde. Ich denke, das war richtig.

Als Sie vor 50 Jahren mit bei der Übergabe der Urkunde für den Zusammenschluss dabei waren, dachten Sie daran, was in 50 Jahren sein wird?
Ehrlich gesagt, habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht daran gedacht. Man macht seine Arbeit, damit es gut wird. Dass es jetzt so gut geworden ist, ist prima und macht mich zufrieden.

Denken Sie in 50 Jahren gibt es die Großgemeinde Ranstadt noch?
Das denke ich schon. Ich verfolge die Kooperationen mit Glauburg oder auch mit Nidda. Hier wird es noch mehr geben, was man gemeinsam machen kann. Das ist in meinen Augen
auch sinnvoll, weil sich die Gesellschaft, Politik und Verwaltung immer weiter verändert.

Herr Suppes, wir danken Ihnen sehr, sehr herzlich für dieses nette Gespräch und wünschen Ihnen von ganzem Herzen alles Gute und viel Gesundheit!

50 Jahre Großgemeinde

Das Jahr 2021 sollte für unsere Gemeinde ein ganz besonderes werden: Vor 50 Jahren, am 18. Mai 1971, beschlossen die Parlamente unserer fünf Ortsteile, sich zu einer Gemeinde zusammenzuschließen. Am 1. Oktober 1971 war es dann soweit und die Großgemeinde Ranstadt wurde "geboren".

Dieses Jubiläum wollten wir in diesem Jahr, zusammen mit allen Bürgerinnen und Bürgern, den Kindern, unseren Vereinen, den politischen Gremien, den hier ansässigen Firmen und unserer Partnergemeinde aus Opwijk gebührend feiern. Leider leiden wir nach wie vor unter der Corona Pandemie und es ist nicht absehbar, wann wir wieder zu einem normalen und uneingeschränkten Leben zurückkehren können. Die Vorbereitung einer großen Feier, wie z.B. die 40-Jahrfeier vor 10 Jahren oder der "Ranstädter Tag", sind zum heutigen Zeitpunkt einfach unvorstellbar.

Trotzdem haben wir im Rathaus ein kleines Organisationsteam zusammengestellt, das überschaubare Aktionen plant. So wollen wir zum Beispiel 50 Bäume pflanzen, mit denen jedem gemeinsamen Jahr gedacht werden soll. Hierfür suchen wir Firmen, Vereine und Privatpersonen, die zum Preis von 50 Euro einen Jubiläumsbaum stiften möchten. Alle Hochzeitspaare des Jahres 2021, die in der Gemeinde heiraten, sowie die neuen Ranstädter Erdenbürger in 2021 erhalten einen Gutschein für einen Baum. Dieser soll dann auf einer öffentlichen Fläche gepflanzt werden. Weitere Aktionen sind in Planung.
Wir freuen uns über viele Rückmeldungen zu den Baumpflanzungen. Anika Schmid und Thomas Wettig stehen Ihnen hierfür als Ansprechpartner zur Verfügung.

Hoffnungsvolle Grüße aus dem Rathaus und ein schönes Wochenende!

Cäcilia Reichert-Dietzel
Bürgermeisterin